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.Aber das hier war eine wahre Geschichte, und sie zog die Schultern zusammen.»Und dann?«, fragte sie.»Na ja«, sagte Paul nachdenklich, »vor acht Jahren hat ihn Sultan Abdul Hamid gekauft, und der war wirklich ein grausamer Herrscher.Er hat ihn einer seiner vier Frauen geschenkt, aber als es so allmählich zur Revolution kam in der Türkei, da hat sie mitgemacht.Und bevor der Sultan ins Exil musste, hat er sie noch schnell hinrichten lassen.Um ein Exempel zu statuieren.«»Paul«, sagte Lilli entschieden und zog ihre Hand aus seiner, »ich habe eben beschlossen, dass ich keinen Diamanten will.«»Nun warte mal«, sagte Paul, »ein Amerikaner hat den Stein dann gekauft.Vor fünf Jahren.1911.Leider hat er im selben Jahr auch eine Überfahrt auf der Titanic gebucht …«»Oh nein!«, stöhnte Lilli übertrieben, aber doch fasziniert.»Auf der Titanic?«Sie war wirklich noch ein kleines Schulmädchen gewesen, als die Titanic gesunken war, aber es war doch eines der Ereignisse, die man auch als Kind so richtig mitbekommt, weil alle Erwachsenen davon betroffen sind.»Zum Glück hat er den Stein nicht mitgenommen«, sagte Paul leicht ironisch, »sonst wäre die Geschichte nämlich schon zu Ende.Er hat ihn vorher seiner Frau geschenkt.Evalyn Walsh MacLean, und die hat ihn seitdem.Man kann bloß hoffen, dass er ihr nicht auch Unglück bringt.«Er schwieg.Von ferne hörte man die Mittagssirene aus dem Brauereiviertel.Danach war es wieder still.Lilli sah eine Hummel schwerfällig durch die warme Luft taumeln und legte sich auf die Stufen zurück.Wie schön es hier war.Sogar die Luft schmeckte leicht.»Und deshalb heißt mein Stein Despair statt Hope?«, fragte sie.»Damit er Glück bringt?«»Ja«, sagte Paul heiser und legte seine Hand ganz leicht auf die ihre, an der sie den Ring trug, »dir und mir.«»Danke«, sagte Lilli nach einer Weile sehr leise, und dann schloss sie die Augen wieder, um in diesem einen goldenen Augenblick weiterzuschweben wie eine der Frühlingswolken über ihr, leicht und so weit fort und so unberührbar, dass niemand einen jemals vom Himmel holen konnte.10Die Musik war bis hinaus auf die Straße zu hören, wenn sich die Türen zur Bar öffneten und Rauch in die Regenluft wirbelte.Omnibusse zischten durch Pfützen, stöhnten, wenn die Pressluftbremsen griffen, fuhren mit ihren nagelnden Dieselmotoren wieder an.Chauffeure in eleganten, schweren Wagen überholten leise, scherten vor den Bussen ein, hielten direkt vor dem Club und schienen das wütend plärrende Hupen der Busfahrer nicht einmal wahrzunehmen, wenn sie mit blanken Stiefeln und ohne Eile um den Wagen gingen, um ihren Herrschaften den Schlag zu öffnen, die so ganz anders aussahen als die Leute im Omnibus.Da wehten weiße Seidenschals im Oktoberwind.Zylinder glänzten, als wären sie so nass wie die Straße.Weiße Papageienfedern schwangen sacht auf strassbesetzten Hauben, die auf schimmernd frisierten Haaren saßen wie Helme einer extravaganten Armee der Schönheit.Seidenstrümpfe leuchteten im gespiegelten Licht der Gaslaternen an den Beinen schöner junger Damen und auch weniger schöner, älterer Frauen an den Armen reicher Kriegsgewinnler, die teure Zigarren auf der Straße rauchten.Die Berliner feine Gesellschaft und die Berliner Demimonde gingen aus und trafen sich in der Bar zum Papagei.Schambacher war ein studierter Mann und kam gewiss nicht aus schlechtem Haus, aber wenn er die selbstverständliche Eleganz dieser Leute sah, dann fühlte er sich immer ein wenig unsicher; wurde sich bewusst, dass sich seine Hose an den Knien schon ein wenig ausbeulte, dass die Ärmel seines Jacketts vielleicht schon ein wenig blank wurden, dass seine Krawatte vielleicht ein wenig zu breit war.Er besaß ja eigentlich Abendgarderobe.So war es ja gar nicht.Aber natürlich war er nicht extra nach Hause gegangen, um sich umzuziehen.Ich bin Polizist, dachte er, und gab sich einen Ruck, mir kann ganz gleichgültig sein, wie die mich anschauen.Und abgerissen sah er nun nicht aus.Er achtete schon darauf, sich gut anzuziehen.Aber das Gehalt eines Kommissars war eben nicht üppig.Er war froh, dass er den dunklen Mantel genommen hatte und nicht den hellen Trenchcoat, den er sonst manchmal trug.Schambacher überquerte den Potsdamer Platz und ging auf die Bar zu.Vom Ampelturm leuchtete es abwechselnd rot und grün.In den Straßen der Kreuzung ringsum spiegelten sich die Farben und wetteiferten mit den Leuchtreklamen für Osram und dem Schriftzug Bardinet von der Fassade der Tanzdiele.Er wich einer Pferdedroschke aus, die wohl auf dem Weg nach Hause war, und kam auf der anderen Seite an.»Guten Abend!«, begrüßte ihn der Türsteher nach einem kaum merklichen Blick über Schambachers Anzug und hielt ihm die Türe auf.»Abend«, antwortete Schambacher kurz und trat ein.Es ging gegen elf Uhr abends, das Lokal war schon ziemlich voll.Rauch hing in Schwaden unter der Decke, es war warm und roch nach den vielen Parfums der Damen, nach Zigaretten und nach Alkohol.Die Musik war modern, laut, der Rhythmus drängend.Schambacher war sich bei Jazz oft mit sich selbst nicht einig.Manchmal gefiel ihm diese schnelle, zerrissene Musik, dieser musikalische Schrei nach Leben, nach einem schnellen, aufregenden Leben.Aber andererseits machten ihn manche Lieder nervös, seine Nerven vibrierten hochgespannt, und es war, als hätte man plötzlich einen Hunger, den man nicht mit Essen stillen konnte.Auf der Bühne spielte eine Band, die nur aus Schwarzen bestand.Es waren zehn, vielleicht zwölf Musiker, alle im Smoking.Der Mann an der Gitarre hatte seine Zigarette zwischen Saiten und Bund geklemmt und die Augen geschlossen, während seine Finger über den Steg tanzten
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