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.Und beten Sie! Für sich und für Ihre Mutter.« Er setzte eine Pause.»Denn Ihre Mutter wird dort oben auf dem Berg sein.Ich habe heute den ganzen Morgen mit ihr gesprochen.Sie hat es zugegeben.«In Berninas Kopf drehte sich alles, sie war unfähig, auch nur ein Wort zu erwidern.»Sie hat eingestanden«, fuhr Blum mit starrer Stimme fort, »dass der Teufel von ihrer Seele Besitz ergriffen hat.Dann habe ich sie nach Ihnen gefragt.Aber von da an hat sie geschwiegen.Ab heute Nacht wird sie für immer schweigen.«Die Tür fiel ins Schloss.Zurück blieb eine Stille, die in Berninas Ohren wie Donner schallte, die alles unter sich begrub.*Es war nicht das Morgengrauen, das sie weckte.Nicht dieses merkwürdig graue Licht, das durch das enge, rechteckige Fenster ihres Gefängnisses zwängte, nicht der Hahnenschrei irgendwo im Dorf, auch nicht die Glocke, die im Kirchturm schlug.Es war diese Gestalt, die sich in den Raum schob, die sich ihr näherte, lautlos, als würde sie ein Stück über dem Boden schweben.Verwirrt sah Bernina auf.Sie versuchte, diesen dumpfen traumlosen Schlaf abzuschütteln, fühlte die eingetrockneten Tränen in den Augenwinkeln, erinnerte sich an den Moment, als sie beim Blick in die Flammen auf dem Berg am Ende ihrer Kräfte zusammengesunken war.Die Gestalt war von dunklen Stoffen eingehüllt, ihre Umrisse verschwammen im Nichts dieses Raumes.Nur ihre Hand war klar zu erkennen, weiß stachen krumme Finger hervor.Die Hand schwebte kurz vor Berninas Gesicht, legte sich dann sanft auf ihre Stirn, die Berührung rissiger, kalter, toter Haut, und die Stimme der Krähenfrau ließ die Wände des Zimmers erzittern: »Was auch geschehen mag, ich werde immer bei dir sein.«Berninas Augen weiteten sich, und in dem Moment, als ihr Blick endlich völlig klar wurde, hatte sich die Gestalt aufgelöst.Sie war wach, und sie war allein.Der Holzbecher stand noch da, wo sie ihn abgestellt hatte.Sie griff danach, überprüfte ihn, doch kein einziger Tropfen Wasser war an seinem Rand haften geblieben.Stille.Immerzu diese Stille.Es wurde ein wenig heller.Ein Schwall frischer Morgenluft wehte ins Innere des Turmes.Bernina füllte ihre Lungen und plötzlich meinte sie, einen Geruch wahrzunehmen, der ihr den Atem raubte.Der Geruch kalter, nasser Asche.Oder bildete sie sich das bloß ein?Ganz kurz nur erhob sie sich, um einen Blick auf die andere Seite des Dorfes zu werfen, wo sich der Weidenberg dem trüben Himmel entgegen wölbte.Sie sah, was sie gar nicht sehen wollte.Eine kleine hügelige Landschaft aus Asche, zerklüftet von Windböen.Regen in der Nacht hatte die Feuer erstickt.Die Feuer des Todes.Ich konnte nicht bei dir sein, Mutter, dachte Bernina.Allein warst du, ganz allein in deinen letzten Minuten.Einsam bist du gestorben, wie die Krähen, mit denen du dich immer so verbunden gefühlt hast.Sie ließ sich wieder zu Boden sinken.Nicht mehr nur entkräftet und erschöpft war sie, sondern hoffnungslos.Tauchte Egidius Blum das nächste Mal auf, würde sie es kaum noch schaffen, auch nur den Blick zu heben.Wann mochte er kommen? Gewiss würde er nicht lange auf sich warten lassen.Irgendetwas drängte sich in ihr Bewusstsein.Ein Geräusch, das sich mehrmals wiederholte.Ein leises Geräusch, als würde etwas gegen die Wand des Turms geworfen, etwas, das weich sein musste und den Aufprall dämpfte.Bernina blickte auf, aber in ihr war alles abgestumpft.Allein der Gedanke daran, der Sache auf den Grund zu gehen, schien sie noch mehr zu ermüden.Auf einmal flog etwas durch das schmale Fenster und landete, zwei oder drei Schritte von ihr entfernt, auf dem Boden.Auch wenn es unzählige solcher Beutel gab, dieses kleine Säckchen aus abgewetztem dünnem Ziegenleder erkannte sie mühelos auf den ersten Blick.Beinahe überraschte sie sich selbst damit, wie schnell sie auf die Beine kam.Ein Spähen aus dem Fenster, und sie sah gerade noch die flink davonhumpelnde Gestalt von Baldus, der dann aber auf einmal an einer Ecke des Pferdestalls stoppte und sich zu ihr herumdrehte.Seine wachen Augen erfassten sie, und mit einem raschen Wink wies er in den Stall, dessen Tor ein Stück weit offen zu stehen schien.Dann war nichts mehr von dem Knecht zu sehen.Ein trauriges Lächeln huschte über Berninas Gesicht.Sie bückte sich und hob den Lederbeutel auf.Das Gemisch aus Pfeffer und zerstoßenen Hagebuttenkernen, Baldus’ Schutz gegen Raufbolde und Störenfriede.Noch einmal sah sie nach draußen.Als hätte sie es gespürt: Von der Hauptstraße näherte sich Egidius Blum.In seinen Händen wieder der Hanfsack, in respektvollem Abstand hinter ihm der Soldat.Es rührte Bernina so sehr, dass Baldus ihr helfen wollte.Aber dieser Beutel – was konnte er ihr schon nutzen? Leider schien der Knecht nicht zu wissen, dass sie angekettet war.Sie starrte auf den Eisenring, an dessen Rand ihr wundes, blutverkrustetes Gelenk sichtbar wurde.Schritte erklangen.Die beiden Männer kamen die Treppe herauf.Unbewusst drückte Bernina mit der freien Hand das weiche Beutelleder – und fühlte etwas Festes darin.Sie öffnete den Riemen, mit dem der Beutel zugebunden war, und griff hinein.Zum Vorschein kam ein Schlüssel.Sie schluckte.»Habe ich dich etwa unterschätzt, Baldus?«, sagte sie ganz leise.Der Schlüssel passte ins Schloss des Eisenrings, und Berninas Handgelenk war befreit.»Wie um alles in der Welt bist du nur an diesen Schlüssel gekommen, mein Freund?«Ja, es war wieder Leben in ihr, und vor allem Wut und Trauer und Ungläubigkeit angesichts dessen, was über sie hereingebrochen war.Sie dachte an ihre Mutter, und Tränen standen in ihren Augen.Ihre Lippen bebten.Erneut griff sie in den Beutel.Erst füllte sie die rechte, dann die linke Hand mit dem Pulver, bevor sie den Beutel in eine Ecke warf.Der Schlüssel wurde ins Türschloss geschoben.Bernina trat einen Schritt zurück, genau vor die auf dem Boden liegende Kette mit dem Ring.Der Soldat kam wieder als Erster herein, die Hand auf dem Degen, der noch in der Scheide steckte.Er machte Platz und Blum war schon da, die Bastschuhe raschelten, die eisernen Gegenstände im Sack schlugen laut gegeneinander.Das war der Augenblick
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