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.Er suchte keinen Luxus, sondern einen Mann namens Panetzky, und er fand den Namen in großen Buchstaben auf dem funkelnden Messingschild an der Fassade eines üppigen Neubaus.Der Portier, ein Herr im Maßanzug, öffnete höflich den Schnellift mit der Kabine aus Edelholz.Die Gänge waren breit, lichtvoll, die Zimmertüren aus geschnitztem Holz, die Stufen des kühngeschwungenen Treppenhauses aus Travertiner Marmor, die Decken mit Mosaikarbeiten verziert.Das Gebäude roch nach soliden Geschäften, nach gediegenem Reichtum.Martin dachte an Lydia, an das lustige Mädchen im weißen Tennisrock, und seine Schritte wurden größer und schneller; hart warfen die Wände ihren Schall zurück.Er dachte an Jakob, Lydias Bruder, und er glaubte zu sehen, wie ihn die Uniformierten von der Mutter wegrissen, wie sie ihn weitertrieben, in den Waggon hinein, wie er an der Rampe stand, wie er in die Gaskammer gezerrt wurde.Martins Arm preßte die Mappe mit den Unterlagen über die Herren Frederic Panetzky, Egon Silbermann und Friedrich Wilhelm Ritt fest an den Körper.So mochte Lydia ihr Racket gehalten haben, als man sie vom Tennisplatz wies, und Martin hörte ihre letzten Worte wieder:»Nach dem Krieg gibst du mir Revanche, nicht wahr?«Martin riß die Tür des Vorzimmers auf; eine gepflegte Sekretärin mit roten Haaren, grüner Bluse und knappsitzendem Rock legte erschrocken ein Modejournal beiseite.»Ich möchte Herrn Panetzky sprechen«, sagte Martin.»Ausgeschlossen – Herr Panetzky ist in einer …«»Sagen Sie ihm«, erwiderte Martin trocken, »es handelt sich um eine Familie Kahn.«»Aber ich bitte Sie«, entgegnete das reizvolle Mädchen hilflos, stand auf und meldete ihn an.Panetzky stand am offenen Fenster, sah den Schiffen auf der Limmat zu und drehte sich langsam um.Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck verstörter Höflichkeit.Er ging dem Eindringling entgegen, mit tänzelnden Schritten, die nicht zu dem stämmigen Körper paßten.Sein wuchtiger Kopf saß fast halslos auf dem vierschrötigen Rumpf.Er sah gesund aus, wie ein Mann, der sich viel in frischer Luft aufhält und auf sein Gewicht achtet.Er blieb vor Martin stehen und sagte: »Panetzky.«»Ritt«, antwortete Martin.»Ritt?« Panetzkys Augen in dem rosigen Gesicht mit der zarten Babyhaut blickten ihn an, als wollte er Martins Körper nach Waffen durchsuchen.»Der Sohn?« fragte er.»Erraten.«»Ich war«, begann Panetzky vorsichtig, »ein Geschäftsfreund Ihres Vaters.«»Ich weiß.«Panetzky ging an seinen riesigen lederbezogenen Schreibtisch, auf dem wohlgeordnete Akten in verschiedenen Farben lagen.Er setzte sich auf den gepolsterten Drehstuhl, unter einen wertvollen Gobelin, der ein biblisches Motiv zeigte.Die Tapisserie hatte seltene Farben, sie war mit dem Glück des Sammlers gefunden, mit den Augen eines Liebhabers erkannt und aus der Brieftasche eines Nabobs bezahlt worden.»Sie kommen aus Deutschland?« fragte Panetzky.Im Stehen hatte er klein gewirkt, im Sitzen wurde er groß.»Ja.«»Gratuliere«, erwiderte Panetzky, »das schaffen nicht viele.« Er hatte infantile Hände, die den Eindruck kindlicher Gutmütigkeit unterstrichen, der von ihm ausging: dieser Mann war ein Mensch, zu dem man spontan Zutrauen faßte, so man seinen Lebensweg nicht kannte.»Sie sehen Ihrem Vater sehr ähnlich«, stellte er fest.»Ich bin der Sohn«, erwiderte Martin.»Daran ist nicht zu rütteln.«»Sie haben mich mißverstanden«, entgegnete Panetzky.Er sprach ruhig und klar, zeigte keine Angst und keine Erregung.»Ich bedauere ehrlich, daß er ein so schlimmes Ende fand.« Er holte aus einer Silberschale eine Praline und schälte sie umständlich aus dem Stanniolpapier, zeigte sie Martin und sagte: »Spezialanfertigung ohne Zucker – ich bin leider Diabetiker.« Er nickte ergeben.»Ich kann bezeugen, daß Ihr Herr Vater – wenn auch ein Freund des braunen Regimes, so doch auch sehr viel Gutes …«»Das allerdings«, erwiderte Martin, »habe ich bisher ziemlich selten gehört.«»Dann hören Sie es jetzt von mir – Sie verstehen? Ich stand während des Krieges auf der anderen Seite …«»Lassen wir das«, unterbrach ihn Martin rauh.»Ich war zu Beginn des Krieges mit einer gewissen Lydia Kahn befreundet – und ich möchte mit Ihnen …«»… über dieses Mädchen sprechen«, ergänzte Panetzky, bekümmert lächelnd, »und ich stehe Ihnen selbstverständlich zur Verfügung.« Er stand auf, und wieder wurde aus einem Sitzriesen ein Stehzwerg.»Aber doch nicht hier, junger Freund.«Auf der linken Seite des Hofes standen amerikanische Straßenkreuzer mit Zürcher Nummernschildern.Panetzky ging auf sie zu und erklärte, daß ihm die neunte Etage des Gebäudes und diese Seite des Hofes gehörten, daß er sich aber nichts aus Autos mache; und so gingen sie zu Fuß, kamen zur Limmat und gingen an ihrem Ufer entlang.Die Sonne schien, Mädchen in bunten Sommerfähnchen lächelten, chevalereske Herren drehten sich nach ihnen um.Die Passanten ließen sich Zeit; der Tag verleitete alle ein wenig zum Müßiggang.»Wir haben auch unsere Sorgen«, erklärte Panetzky, »glauben Sie nicht, daß wir hier in einem reinen Paradies leben …« An der Brücke warteten sie, bis der Verkehrspolizist ihnen den Weg freigab.»Jahrelang«, fuhr Panetzky fort, »war zum Beispiel der Zucker rationiert.Aber ich als Diabetiker … Übrigens, wenn Sie nach Deutschland zurückgehen, nehmen Sie sich Insulin mit, möglichst viel, das ist dort Mangelware – Sie können damit bei Zuckerkranken ein Vermögen verdienen.Wie sind Sie eigentlich über die Grenze gekommen?«»Auf einem Umweg«, antwortete Martin.Sie gingen über die Brücke, auf ein berühmtes Feinschmeckerrestaurant zu.»Ich gehe immer mit meinen Freunden hierher«, erklärte der Import-Export-Kaufmann.Schon beim Betreten der Gaststätte sah Martin, daß sie sowohl kulinarische wie ästhetische Genüsse bot
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