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.»Und Sie, Faber«, sagt er und lächelt pfiffig dabei, »Sie definieren mir jetzt den Nationalsozialismus!«Auf einmal wird es stiller.Ein paar Primaner sehen erschrocken zu Dr.Faber.Rolf Bertram versucht vergeblich, den plumpen Müller wegzuschieben.Andere haben schon so viel getrunken, daß sie den Zwischenfall nicht mehr bemerken.Stefan Hartwig lächelt schadenfroh.»Nun?« drängt Müller weiter.»Sie haben wohl wieder die Hausaufgabe versäumt!«Die Frage klingt in Dr.Faber nach.Er zögert.In den letzten Jahren hat er sich an die Vorsicht gewöhnt wie an einen lästigen Regenschirm – aber immer regnet es ja nicht.Er müßte sich jetzt aus der Affäre ziehen.Sicher gelänge ihm das.Aber in diesem Moment ist er einer der Achtzehnjährigen, die einfach über die Strenge schlagen müssen.Das heiße Gefühl enthemmt.Stimmung macht leichtsinnig.Und der Alkohol assistiert ihm dabei ein wenig.»Der Nationalsozialismus«, antwortet Hans Faber laut und deutlich, »das ist die Erfassung der Arbeitslosen durch die Arbeitsscheuen.«»Gut gesagt«, erwidert Müller.Vielleicht hat er es gar nicht begriffen.Sicher ist ihm nicht bewußt, daß er den Ordinarius jetzt immer weiter, immer mehr in das Verhängnis hineinreitet.Rede und Gegenrede sind so schnell, daß das Gelächter erst mit der Schlußpointe kommt, daß keiner eingreifen kann, daß Faber das letzte Signal überfährt und daß der unbekannte Denunziant unter ihnen jedes Wort deutlich versteht.»Was halten Sie von unserem Führer Adolf Hitler?«»Der Schöpfer des freiwilligen Zwangs.«»Von Hermann Göring?«»Der Meister des schlichten Prunks.«»Von Dr.Josef Goebbels?«»Der Erfinder der relativen Wahrheit.«»Von Dr.Schacht?«»Der Vater der stabilen Inflation.«Sie brauchen ein paar Sekunden.Dann begreifen sie den Witz ganz.Sie lachen wie ein betrunkener Kriegerverein.Vielstimmig.Auch der unbekannte Spitzel lacht mit.Dann steht er auf, geht auf die Toilette und notiert sich hastig Fabers Worte.Niemand achtet auf ihn.Auch Stefan Hartwig nicht, dessen Gesicht den Widerstreit seiner Gefühle zeigt.Es hat zwei Hälften.Die eine muß über den gelungenen Witz lachen, die andere wird steif vor Trotz.Lass ihn, denkt er.Unsere Wege trennen sich ohnedies.Der Führer hat so viele Gefolgsleute.Auf einen kommt es nicht an.Und dann reißt er Claudia wild an sich, schüttelt sie beim Tanz, als ob er ihr Fabers Antifaschismus austreiben könnte.»Was hast du denn?« fragt sie erschrocken.»Nichts«, erwidert Stefan.Sie toben noch eine halbe Stunde, dann endet die rauschende Ballnacht.Nicht für den Denunzianten.Er läutet Studienprofessor Pfeiffer an und zahlt den Preis für das erschlichene Reifezeugnis.»Mensch, Braubach«, sagt Pfeiffer.»Sie kommen jetzt gleich zu mir.«Der Alt-Pg versucht Panofsky zu erreichen; aber der Hauptsturmführer ist bei einer Tagung in Berlin.Er muß sich mit dem Leiter der politischen Polizei begnügen.»Bruckmann«, sagt er zu dem Mann, den er um 2 Uhr morgens aus dem Schlaf reißt, »ich glaube, wir haben ihn jetzt.«»Wen?« fragt der Oberkommissar abwesend.»Ach ja –«, sagt er dann.»Gut ich komme … Nicht einmal in der Nacht hat man seine Ruhe«, sagt er mißmutig zu seiner neben ihm liegenden Frau.Aber Frieda schläft fest – oder tut wenigstens so.Den ersten Bus nach Mainfranken versäumt Hans Faber, doch er schafft den zweiten, der kurz nach 8 Uhr abgeht, und erhält einen Sitzplatz am Heck.Sein Brummschädel erinnert ihn an gelegentliche Zechexzesse seiner Studienzeit, aber der Abschiedsabend mit diesen prächtigen Jungen war wohl wert, daß ihm sein Magen jetzt jede Kurve einzeln vorrechnet.Die Sonne zieht den Nebel von der Erde, und fast gleichzeitig wirken jetzt auch die Antineuralgietabletten.Das langsame Gefährt passiert Waldstücke und Wiesen, zwängt sich durch enge Ortsdurchfahrten mit schönen Fachwerkhäusern, durchquert uraltes Kulturland, fast noch wie zu Karls des Großen Zeiten.Sattgrüne Rebhügel wachsen in den seidigblauen Horizont.Der Bus rollt an Kreuzigungsgruppen und Heiligenbildern vorbei, an Waldkapellen und an Wallfahrtskirchen.Die Landschaft wirkt natürlich fromm, als wandle der Herr noch auf Erden, und da sich der Himmel nichts schenken lassen will, wird sie durch fruchtbare Überfülle belohnt.Am Westabfall des Steigerwalds kommt Ebrach in Sicht, die Zisterzienserabtei mit der schönsten frühgotischen Kirche Deutschlands.Und dann werden die Hinweisschilder auf die Abzweigungen zu den umliegenden Orten weinig: Abtswind, Iphofen, Escherndorf, Volkach, Rödelsee, Randersacker
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