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.»Ja«, sagte sie leise und legte sich auch auf den Rücken und sah in den bewölkten Nachthimmel.»Manchmal will man die Dinge nicht genau sehen und wissen.Ich habe einmal den Mond durch ein Teleskop gesehen.Ich konnte alle Krater erkennen und dann wurde mir klar, dass es diese weiße Scheibe ist, die wir sonst am Himmel sehen und die mir immer wie ein schönes Bild oder eine Lampe an der Decke meiner kleinen Welt vorkam.Aber plötzlich wurde mir wieder klar, dass es ja ein eigener runder Himmelskörper ist und wir auch nur auf dieser Kugel Leben, die in diesem unendlichen Weltall umherfliegt.Und dass dieser Mond, der schon so weit weg ist, eigentlich ganz nah ist, und alles andere unendlich weit weg ist, unerreichbar.Und dass ich nie zum Mond kommen werde und schon gar nicht weiter.«Ares drehte seinen Kopf zu ihr und grinste.»Fühltest du dich eingesperrt?«Sie lächelte zurück.»Nein, mir wurde nur klar, wie kurz das Leben ist.Und das alles andere so viel älter und größer und.unendlicher ist.Wir haben hier doch von nichts ne Ahnung, oder?«Ares nickte.»Genau.Weißt du, ich versteh mich ja noch nicht mal selber.Erst denke ich, das hier ist die langweiligste Gegend der Welt und wenn mein Vater dann sagt, dass er das Haus verkaufen will, dann merke ich, wie gerne ich hier bin und dass ich hier auf keinen Fall weg will.«»Geht ihr weg?«»Na ja, mein Vater wollte immer schon in Amerika Filme produzieren, meine Mutter zieht zu ihrem neuen Freund, Helena zieht aus.«»Redet ihr von mir?« Helena steckte den Kopf aus der Terrassentür und lächelte.»Papa hat Pizza aufgebacken, Ares.Magst du reinkommen und mitessen, Stella?«»Ich stör euch besser nicht.«Helena grinste.»Also, wenn du keine Fotos schießt und an die Presse schmuggelst, störst du eigentlich überhaupt nicht, oder Ares?«Ares setzte sich auf und nickte.»Mein Vater kann so gut Pizza aufbacken, da kann man eigentlich nicht widerstehen.«73»Du hast so viele Regeln und denkst, sie retten dich.«(The Dark Knight)DonnerstagnachmittagNick seufzte.In der Schule hatte Stella ihm die Chipkarte von Ares gegeben und nun waren alle Filme vollständig gestreamt und auf dem Computer, aber alles andere war ein großes Chaos.Alle glaubten oder hofften zumindest, dass er aus diesem Chaos einen halbwegs logischen, einen guten, einen genialen Film machen würde, aber er hatte sich noch nie so verloren gefühlt.Früher hatten sie sich immer vorher über eine Idee, einen Plot geeinigt, jetzt gab es nur vollkommen unzusammenhängende Aufnahmen und er wusste noch nicht einmal, was er heraus schmeißen und mit welchen Szenen er den Film fertigstellen sollte.Gehörte das Einbrechen in die Garage in den Film? Wie war es mit Ares' Fahrrad-Stunt? Wenn sie ein Doku-Drama machten, dann sollten eigentlich die historisch recherchierten Szenen nachgespielt werden, aber es gab keine einzige Szene, die verdeutlichte, wie das Leben hier früher ausgesehen hatte, wenn man von der Modenschau in den alten Kleidern auf Stellas Dachboden absah.Andererseits gab es auch keine fiktive Geschichte, die man mit den Aufnahmen erzählen konnte.Es war schlimmer, als das Filmarchiv irgendeines Hobbyfilmers, weil noch nicht mal eine, wenn auch dilettantische Handschrift zu erkennen war.Vier verschiedene Auffassungen von Bildaufteilung und Kamerafahrten, wenn man da überhaupt von Absicht sprechen konnte.Das war auch mit dem besten Schnitt nicht zu vertuschen.Nick wusste, dass er eine neue Sichtweise auf das gesamte Material brauchte.Eine radikal neue Sicht.Aber wenn er Eines von sich wusste, dann, dass er darin nicht gut war.Das war eigentlich Olivias Stärke.Wenn Olivia in den Jahren vorher beim Schnitt des Filmes neben ihm gesessen und erzählt hatte, wenn sie Tee gekocht und Kekskrümel auf seiner Computertastatur verteilt hatte, dann hatte er immer geglaubt, sie sei eher eine Behinderung seiner Arbeit als eine Hilfe gewesen.Aber jetzt fehlte sie ihm.Ihre verrückten Kommentare und Ratschläge, ihre Ideen und ihre Entspannung, ihre Art, Unordnung in seine Gedanken zu bringen, damit sie sich danach wieder neu und besser ordnen konnten.Aber Olivia war nicht da und er war viel zu stolz, sie anzurufen.Sie hatte ihre Freundschaft mit Füssen getreten, hinter seinem Rücken mit Lars geschlafen, ich habe mich verliebt! verkündet und so getan, als ob das alles nichts mit ihm und Ares zu tun habe.Ganz davon zu schweigen, dass sie seine Gefühle verletzt hatte und: war es nicht auch Aufgabe von guten Freunden, zu spüren, wie es dem anderen ging? Was er fühlte, statt auf seinen Gefühlen herumzutreten?Nick sah auf die Mediathek seiner Filmereignisse.Er würde das alleine schaffen.Wie auch immer.Als erstes würde er sich das ganze Material ansehen.Die Aufnahmen, die er noch nicht kannte.Vielleicht gab es ja doch noch Aufnahmen, die er zu einem zwanzigminütigen Dokumentarfilm zusammensetzen konnte.Und weil ihm sein Unterbewusstsein hier wie immer einen Streich spielte, klickte er als erstes auf die Filmminiaturen, in denen Olivia zu sehen war.Olivia, in Stellas Haus, kurz vor dem Versteckspiel mit Kamera.Stella hatte die GoPro getragen.Olli, die natürlich doch vorgehabt hatte, ihn und Ares versauern zu lassen.Die Tonaufnahme dokumentierte das genau.Nick hatte es ja gewusst, und irgendwie tat es ihm gut, dass er jetzt noch wütender auf Olli sein konnte.Er sah, wie sie auf den Dachboden stiegen, versuchte, nicht auf Olivias nackte Beine zu starren und lächelte, als er sah, wie sich Olli vor den Spinnen fürchtete.Auch das hatte er gewusst.Er ließ den Film weiter durchlaufen, der Schrank, die Ängste der Mädchen.Typisch.Doch das, was dann kam, war neu.Eine weinende Olivia, die fürchtete, nie wieder schwanger werden zu können.Olivia war schwanger gewesen? Die Operation, von der er nichts gewusst hatte, die Schmerzen, von denen sie nichts erzählt hatte, die Scham, für ihre Unbekümmertheit und Gefühle, die sie nicht mit Ares oder ihm hatte teilen können.Nicks Gesicht brannte.Sie hatte auch Lars nichts erzählt.Weder von der Schwangerschaft, noch von den Komplikationen.Und auf einmal verstand Nick, dass er das Gespräch zwischen Dana und Olivia falsch gedeutet hatte.74»Es ist gar nicht so einfach, wie es aussieht.Die meisten Menschen, normale Menschen, tun so ziemlich alles, um eine Prügelei zu vermeiden.«(Fight Club)FreitagnachmittagAres wusste, dass dies der Tag der Wahrheit war.Morgen Abend war der Tag des Auftritts und heute war der letzte Tag, an dem Felix mit ihnen proben konnte und wollte.Der Bass war auch nicht das Problem.Eher der Gitarren-Part und der Gesang.Nichts gegen Nicks Stimme, aber er klang viel zu freundlich und nett.Und ein singender Schlagzeuger? Auch eher ungewöhnlich.Aber das alles waren nur Kleinigkeiten, das wahre Problem waren die Songs.Die gecoverten Versionen von Green Day klangen schlecht, so einfach war es eben doch nicht, die Songs nachzuspielen, es fehlte ein Keyboard und niemand von ihnen hatte die Stimme von Billie Joe Armstrong.Und dann gab es natürlich noch diesen halbfertigen Song von Nick mit dem sentimentalen Text von ihm, den zwar alle gut fanden, der aber eher so etwas wie der Anfang eines eigenen Repertoires oder Stils sein konnte, aber viel zu wenig für einen Auftritt war.Ganz abgesehen davon, dass er darin seine tiefsten Gefühle offenbarte
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