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.Dann konzentrierte sie sich darauf, neue Bilder auf die leere Leinwand zu malen: formlose Farbflächen ohne Geschichte.»Giallorino«, murmelte sie, wenn sie »Flavio« dachte.Das Wort »Sinopia« sprach sie anstelle von »Sofonisba«.Wort für Wort ersetzte sie die Zeichen aus Buchstaben, bis sie sich kaum mehr an die ursprünglichen Namen erinnern konnte.Mochten die Inquisitoren sie beim nächsten Verhör ruhig für verrückt halten, wenn sie, ohne es zu wollen, gestand und dabei lediglich sinnlose Farbbezeichnungen preisgab.Denn auch das hatte sie als bittere Lektion gelernt: Sie hatte den Fehler gemacht und sich eingebildet, ihr Wille könnte stärker sein als der Henker und die Wahrheit unumstößlich.Aber sie war nicht stark und es war ihr nicht möglich, dem Schmerz zu widerstehen.Doch nie wieder, das schwor sie sich in jeder wachen Minute, würde sie unter der Folter einen Namen nennen, der zu einer Person gehörte.Sie hätte alles erwartet, nur nicht, dass sie in der Nacht kommen würden, mitten in den blassen Schatten eines fiebrigen Traums, der die verbotenen Namen und Gesichter zeigte.Erschrocken kämpfte sie sich von ihrem Lager hoch und drückte den schmerzenden Rücken gegen die Steinwand.Der Fackelschein malte gleißende Linien um das verzogene Holz der Tür, kurz darauf schlurfte ein verschlafener Ramón in die Zelle.»Bleibt ruhig, Mozuela«, murmelte er.»Es ist nur der Doktor.Er will nach Euch sehen.«Lien blinzelte noch.Im jähen Licht konnte sie erst nur eine dunkle Gestalt ausmachen, dann aber erkannte sie ihren Besucher.»Doktor Árbol!«Der Arzt sah sie eine Weile nur an, ohne sich zu rühren.Sie bemerkte seine Faust, die sich hart um einen Gegenstand ballte.Sein Lächeln gelangte nicht bis zu seinen Augen.Ohne zu fragen, trat er ein und setzte sich auf den äußersten Rand ihrer Liege.Lien zog die Knie an den Körper, um mehr Abstand zwischen sich und ihn zu bringen.»Was wollt Ihr?«, fragte sie.»Dir helfen«, antwortete er heiser und räusperte sich.»Deine Wunde hat sich entzündet, sagte man mir, und du hast Fieber.«»Und dafür kommt Ihr mitten in der Nacht hierher?«Lien hoffte, der Arzt würde nicht am Beben ihrer Stimme hören, wie sehr seine Gegenwart sie verunsicherte.»Es ist schon fast Morgen«, entgegnete er.Heißt das, sie werden mich heute wieder holen?, schoss es Lien durch den Kopf.»Beim Verhör habt Ihr mich nicht einmal gekannt«, schleuderte sie ihm entgegen.»Und jetzt helft Ihr mir? Was seid Ihr? Ein Doktor Janus mit zwei Gesichtern?«Nun sah er sie so feindselig an, dass sie fröstelte.Etwas Hasserfülltes, Unheilvolles loderte in den hellgrauen Augen auf und Lien hielt erschrocken die Luft an.Mit einem Wink gebot der Arzt Ramón, den Raum zu verlassen.Der alte Gehilfe zögerte, doch dann schlurfte er hinaus.»Über Eure scharfe Zunge sehe ich hinweg«, fuhr Árbol mit gefährlicher Ruhe fort.»Das wird vermutlich das Fieber sein.«Lien war auf der Hut.Gerne hätte sie nach Ramón gerufen, aber sie wusste, dass das Wort des Arztes mehr Gewicht hatte.»Ich möchte mir die Wunde auf Eurer Hand ansehen.Zeigt sie mir!« Árbol beugte sich vor und griff nach ihrem Arm, aber Lien warf sich zur Seite und sprang von der Liege.Mit einem Brennen wachten ihre gezerrten Glieder auf.Sie spürte, wie schwach ihre Beine waren, aber sie blieb stehen.»Lasst mich allein! Ich brauche keine Hilfe!«Árbol schnaubte und stand langsam auf.Sein Mund war ein blasser Strich und seine Augen funkelten vor unterdrückter Wut.Mit wenigen Schritten war er bei ihr und packte sie grob am Arm.Lien keuchte vor Schmerz auf.»Ich kenne dich nur zu gut, du Natter«, zischte er ihr zu.»Feuer bekämpft man mit Feuer, wenn Wasser nicht mehr hilft.Und ich werde dafür sorgen, dass du kein einziges Bild mehr malen kannst!«Lien wehrte sich mit aller Kraft.»Ramón!«, schrie sie und trat so fest sie konnte nach dem Arzt, während ihre geschwächten Arme ihr den Dienst versagten.Der alte Gehilfe stürzte in die Kammer.»Hilf mir, na los!«, befahl Árbol dem alten Wärter.»Sie ist krank und wahnsinnig und verweigert die Medizin!«»Nein, Ramón! Er will mich umbringen!«Der Alte zögerte, doch dann stürzte er sich entschlossen auf sie und half dem Arzt.Lien gelang es, Árbol einen Schlag zu versetzen, doch schon war ein weiterer Gehilfe da, umklammerte ihre Taille und riss sie nach hinten.Ehe Lien es sich versah, saß sie atemlos vor Schmerz auf ihrer Liege.»Seid doch vernünftig«, hörte sie Ramóns besorgte Stimme an ihrem Ohr.»Es ist doch nur Medizin!« Lien biss die Zähne zusammen.Sie würde nichts schlucken! Krampfhaft versuchte sie sich aus der Umklammerung herauszuwinden, aber der zweite Gehilfe hielt ihren Arm wie in einem Schraubstock.Árbol fluchte und strich sich das zerzauste Haar wieder glatt.»Haltet diese Wahnsinnige gut fest!«, knurrte er.»Ich muss mir die Wunde ansehen.«»Schinder!«, fauchte Lien.»Feigling! Mörder!«Wärme breitete sich auf ihrer Hand aus, als der Verband abgenommen wurde– die Wunde blutete wieder.Es brannte und stach, als der Arzt Schorf von der Stelle entfernte, an der der Schraubstock angesetzt hatte.Dann überraschte sie ein kühles Fließen.»Was… macht Ihr?«, keuchte Lien.»Er träufelt Medizin in die Wunde«, beruhigte sie Ramón.»Das wird die Entzündung herausziehen und die Blutung endgültig stillen«, sagte Árbol und erhob sich.»Falls es nicht schon zu spät ist.«Lien schnappte nach Luft, ihr Herz raste.Der Inquisitionsarzt hatte tatsächlich nur ihre Wunde behandelt.Für einen Moment war sie verunsichert.Wollte er ihr wirklich nur helfen?»In wenigen Minuten sollte es ihr besser gehen«, sagte Árbol.»Haltet sie fest, bis die Wirkung eintritt.«Es begann mit einem leichten Kribbeln im Arm und in den Fingern.Es brannte in ihren Adern, dann fühlte sie, wie sich eine seltsam zähe Taubheit in ihr ausbreitete.»Jetzt könnt ihr sie loslassen«, hörte sie Árbol sagen.Zögernd nur gehorchten die Wärter und Lien drückte ihre Hand gegen die Brust.Sie hatte erwartet, eine Veränderung zu sehen, aber die Wunde sah aus wie immer: ein dunkles Violettrot.Ihr Herz schlug langsamer, erst zwei Schläge, dann drei.Dann wurde ihr schwindelig.Caput mortuum, dachte sie benommen, die Farbe der Toten.Verzweifelt versuchte sie etwas zu sagen, aber ihre Zunge bewegte sich nur schleppend und formte kein deutliches Wort mehr.»Sie wird nun schlafen«, erklärte Árbol Ramón beim Hinausgehen, als wäre sie als Person nicht mehr vorhanden.»Stört sie nicht.Ihre Entzündung hat eine schlimme Krise ausgelöst, man kann nur hoffen, dass sie überlebt.«Dann fiel die Tür zu und Lien war allein.Er hat mich doch vergiftet!Ihre Arme und Beine versagten als Nächste den Dienst.Sie konnte sie nicht mehr bewegen und auch ihre Kehle und ihre Zunge waren gelähmt.Immer langsamer schlug ihr Herz und die zähe Lava ihres erkaltenden Blutes zog sie immer tiefer in die Dunkelheit des Schlafs.Nur ihr Gehör funktionierte noch, und ihre Gedanken.So ist es also zu sterben, dachte sie
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