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.Chanya läßt sich nicht anmerken, daß sie ihn erkennt.Sie behandelt ihn wie jeden anderen Kunden, achtet aber besonders sorgfältig darauf, nichts zu tun, was ihr falsch ausgelegt werden könnte.Ihre Massagetechnik hat sich etwas verbessert, entsprach aber noch nie professionellem Standard.Bei Turner läßt sie bewußt Oberschenkel und Hinterteil aus.Sie muß zugeben, daß er eine bewundernswerte Muskulatur besitzt, bestimmt das Ergebnis vieler Stunden im Kraftraum.Keiner von ihnen sagt etwas Persönliches oder verrät, daß sie sich kennen, bis sie ihn nach einer halben Stunde anweist, sich auf den Rücken zu drehen.Ihre Blicke treffen sich.Sie wendet das Gesicht ab, redet mit der Wand.»Warum sind Sie hier?«»Weil ich verrückt nach Ihnen bin.«»Sie dürfen nicht mehr herkommen.«»Wie soll das gehen?«»Ich verlasse die Stadt.«»Ich finde Sie.«»Dann kehre ich nach Thailand zurück.«»Ich finde Sie.«»Ich schneide Ihnen den Schwanz ab, wenn Sie schlafen.«»Das ist das Thailändischste, was ich Sie je habe sagen hören.«Sie hatte nicht damit gerechnet, daß er Südostasien kennen könnte.Als sie mit der Massage fertig und er gegangen ist, ruft Samson Yip sie in sein Büro, um sie nach ihrem letzten Kunden zu fragen.Sie erzählt ihm alles.Yip schaut sie grimmig an.»Er weiß jede kleinste Kleinigkeit, sogar die Nummern der Zimmer, die wir benutzen.Er muß bei FBI oder CIA sein.Er macht mir den Laden zu, wenn du nicht tust, was er will.Ich überlasse die Entscheidung dir: Du kannst abhauen oder dich mit ihm treffen.Er behauptet, daß er dich nur besser kennenlernen, mit dir Essen gehen möchte, ohne Sex.Seltsam genug ist er, daß man ihm das abkaufen könnte.Was wirst du tun?«»Sagen Sie ihm, ich gehe einmal mit ihm zum Essen.Einmal.Ohne Sex.Wenn er mehr will, laufe ich weg – oder er kann mich ausweisen lassen, wenn ihm danach ist.«Yip nickt; sein ovales Gesicht mit den vielen Kinnen wirkt konzentriert und verwundert.»Verrat mir eins: Er sieht mir aus wie ein anständiger Amerikaner mit ordentlichem Beruf.So einen wünscht ihr Mädchen euch doch immer.Warum weist du ihn ab?«Chanya kann nur Geldgier und Dummheit in seiner Miene entdecken.»Weil ich eine Nutte bin.«Wieder nickt Yip.Also ist er doch nicht so dumm, sondern will nur ihre Intelligenz testen.»Du hast recht.Ein Amerikaner wie er könnte niemals vergessen oder vergeben.Nach den ersten Monaten der Leidenschaft würde er dich den Rest deines Lebens quälen.«»Schlimmer: Er würde sich selbst quälen.«Der Chinese brummt etwas.Er hat sein ganzes Leben lang mit Nutten zu tun gehabt.Wie sie Männer auf den ersten Blick durchschauen, erstaunt ihn gelegentlich immer noch.Mitch Turner führt sie in ein Thai-Restaurant an der Columbia Road im Adams-Morgan-Viertel aus.Es beeindruckt sie, daß er sie nicht in ein teures Lokal einlädt, wo der Chili verwässert und das Essen praktisch geschmacklos ist.Chanya würde das von Thais frequentierte Restaurant als billig bis moderat bezeichnen.Das Essen ist, obwohl nicht zu vergleichen mit dem in einer Bangkoker Garküche, gar nicht schlecht.Einer der Kellner stammt aus Japan, und als Turner mit ihm in dessen Sprache spricht, glaubt Chanya, daß er sie hierher gebracht hat, um anzugeben.Erst als sie ihn besser kennenlernt, revidiert sie dieses Urteil.Er wirkt so unheimlich amerikanisch, aber sein Respekt vor der Kultur des jungen Kellners, der sogar soweit geht, daß er sich vor ihm verneigt, nimmt ihn für sie ein.Das würden nur wenige farangs tun.Sie schenkt ihm ein Lächeln, über das er sich freut wie ein Schuljunge.Mit diesem Mann braucht sie nicht zu schlafen, um ihn in der Hand zu haben – er hat sich bereits aus freien Stücken in ihre Macht begeben.Turner trinkt kaum Alkohol, was sie ein wenig enttäuscht.Thanee hat sie in die Kunst des Weingenusses eingeweiht, und die Atmosphäre ist so angespannt, daß sie sich den Alkohol zur Auflockerung wünschen würde.Leider scheint er Angst davor zu haben.Sie entscheidet sich für ein Glas Rotwein; Turner bleibt beim Mineralwasser.Noch eine Überraschung: Er beherrscht den Small talk.Nicht so gut wie Thanee natürlich, der sogar über Seifenblasen einen kurzweiligen Vortrag halten könnte – Turners Ausführungen über allerlei Washingtoner Nichtigkeiten wirken ein wenig befangen –, aber er ist längst nicht so schwerfällig wie befürchtet.Im Gegenzug gesteht sie ihm, daß sie die Simpsons liebt.Er lächelt ob ihrer Begeisterung.Nichts über seine berufliche Tätigkeit zu verraten, scheint ihm jedoch in Fleisch und Blut übergegangen zu sein.Das Essen nähert sich bereits dem Ende, als er zur Sache kommt.»Es tut mir leid, daß ich Yip unter Druck gesetzt habe, aber ich wußte keine andere Lösung.Jetzt haben Sie mir meinen Wunsch erfüllt und sitzen mit mir beim Essen.Ich bin ein Mann, der sein Wort hält – das können Ihnen alle, die mich kennen, bestätigen –, und werde Sie nicht mehr belästigen.Wenn Sie bei meiner nächsten Bitte, mich zu treffen, nein sagen, betrachte ich das als endgültig.Tun Sie mir nur einen kleinen Gefallen.Lesen Sie das hier.« Er reicht ihr ein büchergroßes Päckchen, das sie bereits bemerkt hat.»Es ist in Thai.Wenn Sie nicht viel Zeit haben, lesen Sie nur das Neue Testament, besonders die vier Evangelien.«Sie betrachtet das Päckchen verdutzt.Als er sie vor ihrem Haus absetzt, sagt er: »Ich will nicht mit Ihnen schlafen, jedenfalls nicht vor der Ehe, sondern mich nur von Zeit zu Zeit mit Ihnen treffen.« Ein gequältes Lächeln.»Ich möchte Sie umwerben.Ich bin ziemlich altmodisch.«Sie starrt ihn an, das Buch in der einen, die Chanel-Tasche in der anderen Hand.Chanya muß zugeben, daß sie die Aussicht auf ein unkompliziertes, sicheres, sauberes, moralisches Dasein mit einem starken, aufrichtigen, frommen Mann, der sie nie im Stich lassen, immer für sie und ihre Kinder sorgen und ihr ein glückliches Leben schenken wird, einen Augenblick lang verführerisch findet.Dann merkt sie, daß sie in Seifenopernkategorien denkt.Sein Timing verstärkt die Surrealität der Situation noch.Gehört es zur amerikanischen Kultur, praktisch beim ersten Date einen Heiratsantrag zu machen? Ihre Beziehung wird sich für einen von ihnen als sehr gefährlich erweisen.Als illegale Einwanderin kann sie nur annehmen, daß es sich bei der betroffenen Person um sie handelt.Trotzdem erkennt sie an, daß er diese Runde für sich entschieden hat.Sie wird sich nicht weigern, ihn wiederzusehen
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